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Franks Geschichte
Frank Trümper
/
12 min read
Zweimal in den gleichen Fluss springen…
Die Deutsche Bank hat Dich vor knapp 20 Jahren als einen der ersten Teilnehmer ins Common Purpose Programm geschickt. Welche Bilder kommen Dir in den Kopf...
… ich war Managing Direktor - auch so eine Aufgabe, die mir nicht auf den Leib geschrieben und in meiner Biografie angelegt war! Aus meiner heutigen Perspektive war es ein bisschen wie in der Höhle der Löwen.
… was amüsiert Dich bei der „Höhle der Löwen“?
Als Deutsche Bank Vertreter war man damals „kontaminiert“, es war die Zeit von Josef Ackermann. Ich, als eher Linker und nicht in der Finanzwelt sozialisierter Mensch, in der besonderen Funktion verantwortlich für das Thema Corporate Social Responsability! In der Bank war ich etwas ein schräger Vogel, außerhalb der Bank, im Kunst- und Kulturbereich, bei den NGOs war ich der „blaue Anzugträger“. Ich war auf beiden Seiten unpassend und das hat mir einerseits Schwierigkeiten bereitet und andererseits war es auch immer eine gute Gelegenheit, die Leute zu überraschen.
Das heißt, als schräger Vogel hattest Du Beinfreiheit...
Ja, als Deutscher Banker konnte ich in der Außenwahrnehmung Vorurteile auflösen und andere Bilder entgegensetzen und in der Organisation genau andersherum Impulse und Perspektiven anbieten, die ungewöhnlich und überraschend waren. Ich kam aus dem Verlagswesen, hatte Geschichte und Philosophie studiert. Ich habe es immer als absoluten Vorteil erleben können, nicht hundertprozentig zu dem Kontext zu passen, in dem ich aktiv war.
Was ist – wir sind im Sommer 2022 - von dem Common Purpose Spirit geblieben!
… in meiner Funktion als Interimsgeschäftsführer habe ich versucht, Common Purpose in meinem Netzwerk nochmal bekannter zu machen, und dabei ist mir klar geworden wie sehr Common Purpose in mir nachgewirkt hat. Das hatte ich selber gar nicht mehr so in Erinnerung bzw. so wahrgenommen. Vielleicht auch, weil es mir so selbstverständlich geworden ist. Es ist mit Abstand – und das sage ich nicht, weil es hier ein Common Purpose Interview ist – es ist mit Abstand das EINE Programm, die EINE Bereicherung, der eine Kontext, der in meinem Leben nachhaltig gewirkt hat.
Was hat genau nachgewirkt, welche Schlüsselerlebnisse erinnerst DU?
Es waren viele Augenöffner und Schlüsselsituationen, die bis heute nachwirken. Wir hatten einen Tag über Schulverweigerung zum Beispiel. Ein Thema, das weit außerhalb meines Blickfelds lag. Wir haben mit Lehrern, einem Schuldirektor, Leuten vom Jugendamt und der Polizei gesprochen, die sich ja mit den Jugendlichen auseinandersetzen müssen, wenn sie vormittags in der Stadt rumhängen und Unsinn machen. Es wusste keiner so richtig, wie diese Jugendlichen noch zu erreichen und zu überzeugen sind. Bis ein Teilnehmer aus unserer Gruppe sagte: „Die Väter sind die Autoritäten für die Jugendlichen! An die müsst ihr ran und die sitzen bei mir!“ Alle schauten auf ihn, den Chef der Gepäckabfertigung vom Frankfurter Flughafen, ihm kam diese Idee während der Diskussion. Und über solche Umwege zu gehen, einen Schlüssel für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden, der in diesem Fall nicht generisch über das Jugendamt, die Polizei oder Schule läuft, sondern über die Orte, wo die Väter, die Eltern der jugendlichen Schulschwänzer arbeiten, das wirkt noch heute in mir. Solche Momente habe ich an Programmtagen häufiger erlebt.
In der Gepäckabfertigung vom Frankfurter Flughafen Schulverweigerung zum Thema zu machen – das ist unter anderem Common Purpose...
Epilog dieses Beispiels war noch ein weiterer Augenöffner. Als wir dann in unserem bildungsbürgerlichen Habitus zu lamentieren anfingen, wie Eltern die Bildung ihrer Kinder vernachlässigen würden und nicht darauf achten, dass sie zur Schule gehen, stand ein Teilnehmer der Gruppe auf, er hatte türkische Wurzeln, und sagte: „Nein! Alle Eltern wollen nur das Beste für Ihre Kinder! Ob mit Migrationsgeschichte oder bildungsbenachteiligt, wenn sie sich für Bildung nicht einsetzen kann es damit zu tun haben, dass sie mit Bildung immer nur Kränkungserfahrung verbinden oder gemacht haben. Und diese Kränkungserfahrung wollen sie ihren Kindern ersparen!“ Das war ein unglaublicher Augenöffner: Es geht nicht um Vernachlässigung. Die Eltern handeln aus ihrer Welterfahrung, aus ihrer Weltperspektive fürsorglich in ihrer Welt mit ihrem Erfahrungshintergrund und nicht unverantwortlich. Es ist nur auf den zweiten Blick nicht verantwortungsvoll, aber trotzdem fürsorglich. Von solchen Momenten hatte Common Purpose sehr viel für mich.
Rund zehn Jahre hast du die Baden-Badener Unternehmergespräche (BBUG) als Geschäftsführer geleitet. BBUG gelten als der deutsche Elitezirkel der deutschen Wirtschaft, als das Top-Programm für zukünftige DAX-Vorstände seit Gründung 1954/55. Was aus der Common Purpose Welt konntest Du dorthin mitnehmen?
Extrem viel! Es war eine wertvolle und befriedigende Erfahrung, das Top-Manager der heutigen Generation, die auch ich mit Vorurteilen von außen betrachtete und die ich in der Intensität vor BBUG nie Gelegenheit hatte kennenzulernen, dass TOP Manager ein echtes und starkes Bedürfnis haben, sich mit fremden Welten auseinanderzusetzen.
Was meinst du konkret?
Sie erleben heute verstärkt durch ihren Job, wie wichtig es ist, an der Schnittstelle von Wirtschaft zu Gesellschaft unterwegs zu sein, sich auszukennen und zu verstehen, wie andere Welten und andere Leute ticken. Das ist ihnen heute m.E. deutlich bewusster und wichtiger als ihren Vorgängern, der Generation der heute 60 bis 70-jährigen, die 20 oder 30 Jahren an den Schaltstellen saßen. Das hat sich geändert. Und insofern haben die Zugänge, die uns auch Common Purpose bei unseren Konferenzen im Ausland etwa in London oder auch bei Programmen in Deutschland verschafft haben, immer wahnsinnig viel gebracht! Diese anderen Welten näher kennenzulernen, ob es ein Obdachlosenasyl war oder eine große Klinik, ein Schulkomplex oder ein Stadtteil-Entwicklungsprojekt, etc. Ein durchgängiges Feedback bei den Schlussevaluationen der BBUG war immer: „Diese Elemente bei den BBUG unbedingt auszubauen!“ Von daher ist Common Purpose dort auf fruchtbaren Boden gefallen. Gerade erst wieder habe ich erlebt, dass ein ehemaliger BBUG-Teilnehmer von Bayer nach vielen Jahren auf das Stichwort „Common Purpose“ direkt Hilfe angeboten hat. Da ist also etwas hängen geblieben, so dass man jederzeit andocken kann.
Netzwerk, Herkunft, Glück, Können – was braucht man, um erfolgreich zu sein?
Ich fange mal in der Mitte an. Es ist nach wie vor ein Skandal, dass es uns in einer so reichen und aufgeklärten Gesellschaft nicht gelungen ist, dass es seit 50 Jahren nicht gelingt, dafür zu sorgen, dass Bildungserfolge respektive Bildungskarrieren unabhängig von Herkunft sind.
... es macht dich wütend, dass Herkunft ein ungebührlicher Indikator ist...
Ja, wenn es irgendetwas gibt, wo ich sage, das ist unser größtes zivilisatorisches Versagen in fast 75 Jahre Bundesrepublik, ist es das!
Die Skandinavier und andere Gesellschaften machen es uns vor, das müssen und können wir echt besser hinbekommen. Insofern ist Herkunft gesellschaftlich und statistisch betrachtet dummerweise immer noch ein ungebührlicher Vorentscheid dafür, wie leicht man es hat, im klassischen Sinne beruflich erfolgreich zu werden.
Gott sei Dank gibt es auch Ausnahmen...
Ja, das ist die andere Seite, gleichzeitig haben wir auf einer individuellen Ebene in Deutschland immer noch ein Bildungs- und ein soziales System, dass es denjenigen, die wirklich wollen und können – auch against the odds - immer noch ermöglicht, weiter zu kommen als ihre Eltern. Wir alle kennen genügend Biografien von Menschen, die aus sogenannten „kleinen“ Verhältnissen kommen oder aus bildungsbenachteiligten Schichten sich ihren Weg dennoch in Top-Positionen in der Wissenschaft, in der Wirtschaft, in welchen Feldern auch immer, gebahnt haben.
Welche Erfahrung hast Du mit dem Thema „Herkunft“ bei BBUG gemacht?
Ich habe beobachten können, was ich sehr tröstlich finde, dass wir regelmäßig Teilnehmer*innen bei den BBUG haben, die nicht aus den üblichen Kontexten kommen, aus denen man Top-Manager erwarten würde. Also Kinder von Landwirten, normalen bis kleinen Angestellten, Handwerkern, etc. die nicht an einer Elite-Uni in den USA oder UK studiert haben. Wir haben also immer noch eine gewisse Durchlässigkeit, was auch mit unserem föderalen Bildungssystem zu tun hat, dass es eben nicht wie in England oder Frankreich die drei Top-Universitäten gibt, an denen man studiert haben muss, um in Politik, Verwaltung oder Wirtschaft Karriere zu machen. Dennoch nimmt die Durchlässigkeit ab, weil wir zwei Generationen nach dem Neuanfang in der Bundesrepublik eine Generation haben, wo sich soziale Herkünfte verstetigen und gesellschaftliche Rollen immer stärker „vererben“. Durch die Nachkriegsgesellschaft ist das mal aufgelöst gewesen, aber die Erbengeneration, erbt nicht nur Geld, sondern auch Herkunft.
Welche Rolle spielt Glück für die Karriere? Was gibst Du Talenten mit auf den Weg?
Glück ist immer dabei und Netzwerke spielen natürlich auch immer eine gewisse Rolle – das kann man zusammenfassen mit dem Schlagwort „Vitamin B“. Meine Erfahrung ist: Ja, man braucht das Glück, Leute zu kennen oder mal eine Gelegenheit ergreifen zu können, aber es ist nie hinreichend. Glück allein reicht nicht, und Netzwerk und Herkunft allein reichen zum Glück in unserer Gesellschaft auch nicht. Man muss die Gelegenheiten, die sich bieten, nutzen. Insofern braucht man sich dann auch nicht zu schämen, wenn man durch eine bestimmte Beziehung, die Möglichkeit hatte sich zu bewähren.
Entscheidend für das eigene Fortkommen ist, sich in möglichst vielen, möglichst unterschiedlichen Welten zu bewegen, sich in Situationen zu begeben, auch solchen, die einem zunächst unbehaglich sind, wo sich Gelegenheiten bieten, uns auf ganz neue Art und Weise zu erproben und zu bewähren.
Zwischen Bertelsmann Stiftung, S. Fischer Verlag und Deutsche Bank – Welche beruflichen Situationen waren besonders wichtig für Frank Trümper?
Zwei Punkte fallen mir ein: Ein sehr schwieriger Restrukturierungs- und Sanierungsprozess (teilweise mit McKinsey an Bord) bei dem S. Fischer Verlag, im Rahmen einer größeren Transformation der Holtzbrinck-Verlagsgruppe. Das war ziemlich zu Beginn meiner Karriere in einer Phase, in der ich, aus meiner heutigen Sicht, weder persönlich noch fachlich auf diese Aufgabe wirklich vorbereitet war,
Ich bin etwas stolz, dass es mir mit anderen, ebenfalls noch wenig erfahrenen Menschen, die an den Verlag und das anspruchsvolle, literarische Programme glaubten, gelungen ist, einen neuen Spirit, eine neue Organisation, plus einen Generationswechsel hinzubekommen. Der Fischer Verlag ist aus seiner schwierigen Phase wieder herausgekommen mit dem Team, dass überzeugt war, dass anspruchsvolle Programme und wirtschaftlicher Erfolg kein Gegensatz sein müssen. Diese gelungene Transformation und Menschen frühzeitig Vertrauen geschenkt zu haben – darauf blicke ich heute mit großer Freude.
...ein Restrukturierungs- und Sanierungsprozess und was noch?
Das zweite, was mich tief befriedigt hat, ist eine Wahrnehmung bei den Baden-Badener Unternehmergesprächen (BBUG). Nämlich in welch´ hohem, völlig unterschätzten und von außen überhaupt nicht hinreichend wahrgenommenem Maße die neue Generation von Wirtschaftsführer*innen wirklich an einem gesellschaftlichen Fortschritt und an Wertschöpfung für die Gesellschaft interessiert sind - weit entfernt von dem Klischee der reinen Profitorientierung, von Gier und Skrupellosigkeit. Dass die systemischen Zwänge einer kapitalistischen Marktwirtschaft unglaublichen Druck ausüben, dass Unternehmen natürlich Gewinne machen und erfolgreich sein müssen … das ist klar. Aber das darf man nicht gleichsetzen damit, dass die handelnden Akteure alle charakterlich verdorben seien, die da Führungspositionen einnehmen. Zu erleben, welchen ethischen Anspruch, welche Integrität Manager mitbringen und in welchen Dilemma-Situationen sie tagtäglich handeln und entscheiden, das hat mich tief beeindruckt.
„Man soll nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen!“. Du hast es dennoch getan und die Geschäftsführung von Common Purpose (2006 bis 2011) im Sommer 2022 interimsmäßig noch einmal übernommen…
Ja, das hat mit dem Fluss zu tun! Es ist nicht mehr der gleiche Fluss. Es ist beeindruckend, wie viel pragmatischer, unideologischer und flexibler das heutige Common Purpose mit den Herausforderungen umgeht. Die heutigen Macher sind viel weniger – im positiven Sinne – an starren Prinzipien ausgerichtet, was die Organisationsform angeht. Aber nach wie vor genauso klar und entschieden, was die Mission von Common Purpose betrifft. Das finde ich beeindruckend! Es ist eine andere Organisation, die zwar immer noch mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat, sich finanzielle Ressourcen zu erschließen, die Programme wieder an neue Zielgruppen anzupassen oder die Effizienz im dezentralen nationalen Verbund und mit den UK-Leuten zu steigern. Das sind immer noch ähnliche Herausforderungen, aber die Haltung, die Herangehensweisen, die Kooperationsbereitschaft ist eine andere als in den vergangenen Jahren. Das ist erfrischend, es war eine schöne Erfahrung.
Frank, herzlichen Dank für dein Engagement, im Beirat bleibst Du uns ja noch erhalten! Was gibst Du uns mit auf den Weg?
Ich glaube, man wird die Kraft und die bei solchen Organisationen nie ganz endenden finanziellen Herausforderungen, nämlich Wie können wir immer wieder die Mittel bekommen, um den Laden am Laufen zu halten? nur in den Griff bekommen, wenn man von der Sache ausgeht, von dem PURPOSE! Man darf das Eine nicht gegen das Andere ausspielen und sagen, wir machen das jetzt, weil wir Geld brauchen, oder: unser gesellschaftlicher Auftrag erlaubt es nicht, unternehmerisch zu denken. Es sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. In dem Maße, in dem man wirklich weiß, warum man etwas macht, und der dahinterliegende Gedanke stimmt, wird man auch die Ressourcen erschließen können, die man dafür braucht. Wenn man nur nach den Ressourcen schielt, wird man nicht gut sein. Und wenn man nur das Gute tun will und sich auf eine gesellschaftliche Ambition zurückzieht, nicht fragt, wie müssen wir noch besser werden? uns noch besser organisieren?, dann wird einem langfristig beides verloren gehen. Man wird nicht die Ressourcen finden und man wird gesellschaftlich nichts bewegen.
Frank Trümper studierte Geschichte, Volkswirtschaft und Philosophie in Hamburg, Frankfurt am Main und London. Berufseintritt als Top-Management-Trainee der Bertelsmann AG, viele Jahre in Führungspositionen sowohl im Profit- wie im Non-for-Profit-Sektor tätig. Als Leiter (Managing Director) des Bereichs Corporate Social Responsibility der Deutschen Bank und Mitglied des Vorstands der Deutsche Bank Stiftung verantwortete Trümper die strategische und organisatorische Neuausrichtung des weltweiten gesellschaftlichen Engagements des Unternehmens. 2006 übernahm er die Geschäftsführung der gerade neu gegründeten Organisation von Common Purpose in Deutschland, von 2011 bis 2022 war er Geschäftsführer der Baden-Badener Unternehmergespräche. Im Sommer 2022 übernahm er für ein paar Monate die Interimsgeschäftsführung von Common Purpose Deutschland. Trümper ist Fellow der Atlantik-Brücke, "Young Leader of Tomorrow" des World Economic Forums in Davos, er war Mitglied im Großen Konvent der Evangelischen Akademie Arnoldshain, ist im Ideenrat des Zentrums für Gesellschaftlichen Fortschritts aktiv sowie im Trägerverein Common Purpose Deutschland e.V. Frank Trümper ist verheiratet und lebt in Frankfurt.
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