„Wenn jeder und jede nur 2 Freund*innen gewinnt, die wiederum zwei Freund*innen gewinnen usw., dann schaffen wir…“

„... a l l e s“ lautet die korrekte Antwort. Doch bezieht sich hier diese Aussage nur auf ein einziges Thema, auf ein Ziel – auf nur eine einzige Wette. Genauer gesagt, „Die Klimawette“. 1 Million Tonnen CO2 sollten von September 2020 bis zur Weltklimakonferenz in Glasgow im November 2021 eingespart werden. Und das im Rahmen einer großen gesellschaftlichen Bewegung: eine Tonne pro Person von einer Million Menschen.  Klingt unrealistisch? Aus der richtigen Perspektive betrachtet, nicht unbedingt.

Vor diesem Hintergrund hielt Anna Katharina Meyer, Mit-Initiatorin Die Klimawette und Mit-Gründerin FindingSustainia ihre Keynote „Was bedeutet die Idee von LBA für Organisationen und Gesellschaft?“ im Rahmen des Common Purpose Meridian Auftakt Rheinland, am 10. November 2021 noch während die Weltklimakonferenz tagte.

Was macht „Die Klimawette“ nun so besonders? Das Ergebnis ist es  nicht, denn die Wette wurde verloren. Die Bilanz 2021: 12.593 Teilnehmende aus über 1.421 Städten, hauptsächlich in Deutschland, konnten etwas mehr als 20.000 Tonnen CO2 einsparen, was dem Emissionsausstoß von knapp 96 Millionen gefahrenen Autokilometern entspricht. Fun-Fact: Dafür müsste man 2.390-mal um die Erde fahren. Das besondere an der Wette aber war der Prozess. Anna Katharina Meyer handelte ganz im Sinne von „Leading beyond authority“.

Was heißt „Leading beyond authority“?

Es gibt drei Autoritätskreise, in denen man operiert. Im inneren Kreis, zum Beispiel im eigenen Team, besitzt man persönliche Autorität. Im mittleren Kreis wird die eigene Organisation als Ganzes betrachtet, in der man weniger Autorität besitzt, und im äußersten Kreis richtet sich der Blick auf die Gesellschaft, in der man möglicherweise keinerlei Autorität besitzt. Ein Erfolg in einem Kreis ist keineswegs ein Indikator für Erfolg in einem anderen. Diejenigen, die in ihrem inneren Kreis erfolgreich sind, bei der ihre Autorität klar definiert ist und selten in Frage gestellt wird, müssen sich, wenn sie etwas bewegen wollen, in die äußeren Kreise hinaus wagen. Hier stellen sie fest, dass sie sich auf ihre Überzeugungskraft und ihre Fähigkeit zur Bildung von Netzwerken und Koalitionen verlassen können, sie müssen sich aber gleichzeitig auf neue und völlig fremde Arbeits- und Sichtweisen einstellen. In ihrem inneren Kreis können neue Ideen und Strategien sofort umgesetzt werden, während in den äußeren Kreisen neue Initiativen oft langsamer wachsen und Geduld erfordern. Doch genau dadurch findet man heraus, wie man besser wird, was man besser machen kann, in dem man mit anderen Menschen zusammenarbeitet, neue Ansätze und Methoden kennenlernt.
Mit der Klimawette führte Anna Katharina Meyer außerhalb ihrer Autorität und geht trotz der verlorenen Wette als Gewinnerin hervor. Warum? Sie hat wichtige Erfahrungen und Kontakte gewonnen, aber vor allem hat sie etwas bewegt. 12.593 Teilnehmende und eine Einsparung von 20.000 Tonnen
CO2 sind in jeder Hinsicht ein Erfolg für das Ziel, etwas für den Klimawandel zu tun. Und warum konnte die Wette nicht gewonnen werden? Die Antwort steckt ebenfalls in der Idee von „Leading beyond authority“.

Um über die eigene Autorität hinaus zu führen, erfordert es viele verschiedene Fähigkeiten. Man muss in der Lage sein, in neuen Situationen zu arbeiten, die folgende drei Schlüsselkompetenzen unterstützen dabei. Zunächst wird der richtige Ansatz benötigt: Es braucht Mut, unabhängiges Handeln und Hingabe. Als nächstes braucht man eine gute strategische Denkweise, Zeitmanagement und die Offenheit Koalitionen einzugehen. Die letzte Schlüsselkompetenz ist die Fähigkeit, mit Menschen zu arbeiten, insbesondere mit Menschen, die nicht so sind wie man selbst.

Diese Schlüsselkompetenzen fasst Anna Katharina Meyer mit dem Ziel der Klimawette zusammen: „Wenn Einzelne durch einen konkreten Klimaschutzbeitrag zeigen, dass ihnen Klimaschutz am Herzen liegt, und wir so gemeinsam unsere Stimme erheben, dann kann uns nichts mehr stoppen. Dann haben wir alle Elemente, die effektives Handeln und politische Teilhabe ausmachen: Der/die Einzelne fängt bei sich selbst an, übernimmt Verantwortung, leistet einen realen Klimaschutzbeitrag und erreicht durch die Verbindung mit anderen ungleich mehr als alleine im stillen Kämmerlein möglich wäre.“

Anna Katharina Meyer akquirierte Geld für das Projekt, kommunizierte über Social Media ihre Vision und brauchte nur noch genug Menschen, die mit ihr an einem Strang ziehen. Das war die Stellschraube an der es hakte und die Wette scheiterte. Zwar schaffte das Team der Klimawette es das eigene Netzwerk auszuweiten und auch eine Verknüpfung mit anderen Netzwerken gelang, jedoch sprang der Funke nicht über auf Personen, die außerhalb dieser Netzwerke warenDie Kommunikation über Social Media reichte alleine nicht aus, und besonders der Zeitraum von einem knappen Jahr war zu knapp.

Letztendlich ist das messbare, validierbare Ergebnis hier jedoch nicht das Entscheidende. Ziel war es, etwas in Bewegung zu bringen, Nachahmer und Unterstützer zu gewinnen. Es ging bei der Klimawette nicht nur um die eingesparten Tonnen, sondern auch um das politische Signal. Das Ziel war hoch gesteckt und ambitioniert, der Druck und Antrieb sehr groß, die Einhaltung der Deadline sportlich motivierend bis zur letzten Stunde.

Mit der Klimawette wurden knapp 13.000 Teilnehmende bewegt, die nachhaltig von der Teilnahme inspiriert wurden. Wenn die genannten Stellschrauben, an denen es hakte, beim nächsten Projekt noch besser in den Blick genommen werden,  dann kann das nächste große Ziel erreicht werden. Dann kann „a l l e s“ erreicht werden. Nach der Klima Konferenz ist vor der Klima Konferenz.

Führen außerhalb der eigenen Autorität mag zunächst abschreckend wirken, doch sobald man damit anfängt, ist es gar nicht mehr so schlimm. Man muss sich einfach trauen!

„Solche Initiativen benötigen wir“, unterstreicht der Schirmherr der Aktion Prof. Dirk Messner, Präsident Umweltbundesamt. „Initiativen, die Mut machen, die uns zum Handeln bringen. Schließlich müssen wir beim Klimaschutz alle noch mehr tun. Die Staatengemeinschaft, Deutschland, die Unternehmen ebenso wie die Bürgerinnen und Bürger.“